Donnerstag, 30. Mai 2013

Brot und Spiele

Ich hatte gerade meinen Bruder nach einem zufälligen Zusammenkommen der gemeinen Drei nach Hause gefahren. Bei MDR Info wurde über eine Mahnwache Duisburger Fußballfans berichtet. Die genaue Zahl hatte ich nicht wahrgenommen, aber es waren ja anscheinend genug, um darüber zu berichten.

Vor fünf Tagen waren auf dem gesamten Globus Demonstrationen gegen die Ethik der großen GVO-Konzerne, namentlich Monsanto, mit Millionen von Teilnehmern. Ich konsumiere selten Rundfunkmedien, höchstens etablierte Zeitungen ohne Bilder, aber es wäre mir aufgefallen, wenn es auch nur am Rande Erwähnung gefunden hätte. Unserem neuen Praktikanten, Veganer und generell gut informiert, war Monsanto, einen Tag nach den Demonstrationen, kein Begriff.

Was ist das für eine Gesell- und Medienlandschaft, in welcher ballspielende Millionäre und deren leidenden Fans mehr "Nachrichtengehalt" zugerechnet wird, als die mittel- und langfristige Vergiftung aller Lebewesen dieses Planeten?

Das mag polemisch klingen. Polemik setzt aber in der Regel auch scharfe Interessensgegensätze voraus. Gegen wessen Interesse verstößt die Erhaltung des Lebens? Der Erhaltung eines seit Jahrmillionen sich perfektionierenden Systems?

Monsanto ist nicht einfach ein großer Konzern, der für die Entmenschlichung der Arbeit oder der Willkürlichkeit geldgegebener Macht steht. Monsanto spielt Gott. Es klingt wie eine abgedroschene, technophobe Floskel, aber im Kern trifft es die Problematik. Es werden Gencodes von Pflanzen, quasi essenziellen Gliedern aller Nahrungsketten, manipuliert, ohne dass mögliche Auswirkungen auch nur ansatzweise geklärt wären.
Dass genveränderte Organismen bei versehentlichen Kreuzungen mit natürlichen Pflanzen lebensunfähige Bastarde erzeugen, sollte öffentlich bekannt sein. Dass reine GVO-Kulturen extrem, häufig und willkürlich mutieren, wird gern unter den Tisch gekehrt. Dass die derzeit häufigste Form der GVO-Produkte, Roundup Ready genannt, allerdings jeglicher Daseinsberechtigung entbehrt, ist offensichtlich niemandem in Verantwortlichkeit bewusst. Denn falls doch, könnte ich mir für die entsprechenden Personen kein wahrhaft gerechtes Urteil über deren Verfehlungen vorstellen.

Zur Erläuterung: Neben den existenzvernichtenden Saatgut-Knebelverträgen ist das Unkrautvernichtungsmittel Roundup eines der Haupteinnahmequellen von Monsanto. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es wirklich jedes Unkraut vergehen lässt, ohne angeblich der nachträglichen Saat zu schaden. Roundup Ready-GVO wurden so gentechnisch manipuliert, dass sie immun gegen dieses Breitbandherbizid sind.

Nun sind Untersuchungen an die Öffentlichkeit gekommen (welche schon lange existierten), dass derartige Pflanzen nicht einmal den Bruchteil an Nährwerten vergleichbarer Natürlichkeiten haben. Schlimmer noch, zwar sind die Pflanzen immun gegen das Pestizid, aber nicht die Lebewesen, die diese damit vollgezogenen Nahrungsmittel konsumieren. Gleich ob Biene, Rind oder Mensch.

Wir sind erst an den Anfängen morphologischer Forschungen, den Auswirkungen unserer Umgebung, Gewohnheiten und eben unseres Metabolismus auf zukünftige Generationen in phänotypischer und genetischer Hinsicht.
Man weiß erst seit kurzem über die Folgen des Bierkonsums in der ägyptischen Kultur auf unsere Genetik. Wie soll man sich die Folgen genveränderter Produkte auf unsere Umwelt ausmalen können, wenn man anscheinend noch nicht einmal die signifikant gestiegene Krebsrate bei GVO-gefütterten Ratten erklären kann?

Die Geldgier des Menschen verspielt dessen Zukunft, und während er sich von Spielen zerstreuen  lässt, merkt er nicht, wie ihm das eigene Brot vom Teller genommen wird.

Brave New World.