Mittwoch, 26. November 2014

Lichtverschmutzung

Klingt das Wort nicht widersinnig? Licht gilt doch generell als etwas Gutes.

Der Mensch verschmutzt die Umwelt, die Luft, die Meere, das Land.

Seltener hört man von Lichtverschmutzung und den Einfluss fehlender Dunkelheit. Strahlende Straßenlaternen, wabernde Werbebilder und allzeit auswärtige Autokolonnen sind zum Indikator für Zivilisation geworden.
Gleichzeitig hat das omnipräsente Licht Auswirkungen auf den sonnengesteuerten Rhythmus des Lebens. Nicht nur Flora und Fauna werden beeinflusst, auch dem Menschen kann die innere Uhr aus dem Takt geraten.
Bei Dunkelheit schüttet der Körper Melatonin aus, welches durch Licht wieder abgebaut wird. Dieses Hormon weckt Müdigkeit und ist somit maßgeblich für erholsamen Schlaf. Neben dem unnatürlichen Arbeitsrhythmus ist ständige Lichteinwirkung daran schuld, dass die Mehrheit zivilisierter Bevölkerung an Schlafstörungen leidet, ohne sich dessen bewusst zu sein.

Aber ein weiteres Problem von Lichtverschmutzung, vor allem in Großstädten, wird einem nur bewusst, wenn man es anders kennt: Man sieht keine Sterne mehr.
Umso heller die Erde, umso dunkler der Himmel. In einer Metropole sind die Sterne selbst bei klarer Luft noch zählbar, der Blick nach oben wird einen selten so fesseln können wie die Geschehnisse um ihn herum.
Umso weiter man sich jedoch von der Zivilisation entfernt, umso facettenreicher wird das Himmelszelt. Die Lichtverschmutzung nimmt ab, die Sternenbilder nehmen zu.

Schaut man in den Nachthimmel, schaut man in Unendlichkeit. Man sieht Sterne, die vor Millionen von Jahren aufhörten zu existieren. Sieht man sich dann retrospektiv selbst, können einen die eigenen Sorgen, Probleme, ja die eigene Existenz bedeutungslos vorkommen.

Vielleicht sollte man sich häufiger mit einem Blick zum Himmel erden. Begreifen, dass man nicht der Mittelpunkt der Welt ist.
Vielleicht erkennt man, dass alles Existierende einen gemeinsamen Ursprung hat, wir alle aus demselben Sternenstaub, miteinander verbunden sind.
Vielleicht kommt dieses leichte Gefühl von unbeschwertem Glück auf, dass kein materieller Besitz auslösen könnte.

Vielleicht könnte es zu einem besseren Menschen machen.

Aber wer hat schon noch Zeit, nach oben zu schauen?
Wir schauen nach unten, auf leuchtende Smartphones und kriegen Haltungsschäden davon.