Dienstag, 29. Dezember 2020

Kollektiver Vertrauensverlust

Was mir in den letzten Jahren, aber verstärkt noch während der Corona-Pandemie aufgefallen ist: Institutionen, welche die eigenen Positionen entkräften bzw. widerlegen können, wird systematisch die Glaubwürdigkeit untergraben.

Gerade in der Filterblasen-Aufmerksamkeitsökonomie der sozialen Medien können Experten, Wissenschaftler und Journalisten diskreditiert werden, ohne dass Widerspruch daraus entstehende Fehlbilder geradebiegen könnte.

Das fing in diesem Maßstab mit der AfD und der Abwertung journalistischer Arbeit an und zeigt sich heute beim steten Verleugnen wissenschaftlichen Konsens´ bei Klimawandel oder Virusbekämpfung.
In letzter Zeit fällt mir das aber noch stärker bei Esoterikern auf. Es werden Zweifel an wissenschaftlicher Arbeit gesät, damit Zweifel an esoterischer Praxis nicht mehr aufkommen. Fehlende Studien zur Wirksamkeit ihres Schlangenöls begründen sie dann nicht dadurch, dass ihr Mittel untauglich ist, sondern dass Big Pharma die Forschung dazu verhindert. Existierende Probleme im Gesundheitssektor oder Wissenschaftsbetrieb werden als Aufhänger genommen, ein zutiefst korruptes System zu skizzieren. 
 
Und sowas verfängt, die Leute WOLLEN es glauben. Sie wollen so sehr aus dieser Ohnmacht ausbrechen, nicht mehr verarscht werden, dass sie nicht merken, dass sie wieder verarscht werden. 
 
Die Leute haben die kleinen Lügen so satt, dass sie den großen Lügen hinterherrennen.
 
Wir leben in einer Zeit des kollektiven Vertrauensverlustes, weil wir es zulassen, dass in den Filterblasen des sozialen Netzes unvereinbare Parallelwelten entstehen. Wir müssen es schaffen, wieder auf einer gemeinsamen Faktenbasis diskutieren zu können, sonst verlieren wir mit der fehlenden Vertrauensbasis das Fundament unserer Gesellschaft.