Montag, 21. März 2016

Legal, Illegal, gar nicht egal


Am Wochenende wurde der sogenannte Türkei-Deal verabschiedet, also die Rahmenbedingungen für Flüchtlingsmigration zwischen Türkei und EU gelegt. Zwar gibt es unzählbare Kritikpunkte, dass er gegen geltendes Recht verstößt, dass der Bock Erdogan, welcher selbst gerade Flüchtlinge im Südosten der Türkei schafft, zum Gärtner gemacht wird und dass sich die EU generell zu stark in die Hände eben dieser unkalkulierbaren Türkei begibt.
Doch etwas wurde mit diesem Deal organisiert, was es so noch nicht für die EU gab und was man schon Jahre früher hätte regeln solln: Legale Fluchtwege in die EU.

Wer bisher ohne Visa in die EU wollte, konnte nur über die Küstenregionen illegal einwandern und sich dann laut Dublin-Abkommen als Flüchtling registrieren lassen. Dazu musste man aber erst mal an die Küste kommen. Schon damals füllten Schlepper diese Marktlücke, man erinnere sich an Lampedusa. Schon damals war dieses Prinzip unkontrolliert, entwürdigend und unfair. Da es allerdings keine hohen Wellen schlug und nur die Peripherie Europas betraf, wurde dieses Prinzip nicht in Frage gestellt.

Doch währenddessen wuchsen mafiöse Strukturen an den Einnahmen der Schlepper, ein Geschäftsmodell entstand. Nun liegt es im Interesse dieser Schlepper, dass mehr Menschen ihre kostbaren Dienste in Anspruch nehmen. Um Nachfrage zu wecken, betreibt man in der Regel Marketing. Ich halte es nicht für abwegig, dass die teilweise absurden Vorstellungen, welche man vereinzelt von Flüchtlingen hört (dass man z.B. Haus und Auto in Dtl. geschenkt bekommt), eben von diesen Schleppern erdacht wurden.

Der eigentliche Knackpunkt ist allerdings Folgender: Man stelle sich vor, die Konflikte im Nahen Osten können beigelegt werden und die Migration ebbt entsprechend ab. Die Schleppernetzwerke haben nun allerdings entsprechende Kapazitäten aufgebaut. Im extremsten Fall werden dann die Marketingambitionen auf andere Länder, z.B. in Afrika, gerichtet, um den Bedarf an deren Dienstleistung hoch zu halten. Im Zweifel sorgen aber die EU-Länder mit ihren Handelsabkommen schon selbst für entsprechende Migrationsbewegungen.

Jedenfalls hat der Staat aufgrund dieser Illegalität sich selbst die Möglichkeit genommen, die Migration an einem beliebigen Punkt zu kontrollieren. An dessen Stelle treten illegale Organisationen, welche die Einnahmen z.B. für die Terrorunterstützung verwenden.


Genau dieselbe Kausalität findet man beim Drogenhandel. Statt Betäubungsmittel je nach Stärke wie andere Rauschmittel oder wie Medizin zu (be-)handeln, führt deren Prohibition dazu, dass der Staat jegliche Kontrollmöglichkeit verliert. Der Handel kann nicht versteuert werden und finanziert statt der Gemeinschaft Subjekte bzw. Organisationen mit genug krimineller Energie. Die Nachfrage sinkt keineswegs, aber die Nutzer werden kriminalisiert und am Ende mit ihrer Sucht gesellschaftlich allein gelassen. Der Staat verwendet viel Zeit und Aufwand in Judikative und Exekutive, um Probleme zu bekämpfen, die er selbst geschaffen hat.

Bis heute konnte mir niemand den Sinn hinter derartiger Prohibition schlüssig erklären. Doch beim Thema legaler und illegaler Fluchtwege wurde mir diese Frage noch viel zu selten gestellt!

Donnerstag, 17. März 2016

Too Big (To) Fail

Die vergangene Woche muss sich das Kapital die Hände gerieben haben.



Dass die AfD bei den Landtagswahlen so gut abgeschnitten hat, ist da nur ein Aspekt. Dass ein Volk sich freiwillig durch Rechte selbst entrechtet, ist leider inzwischen ein Treppenwitz der Geschichte. Wer genauer in das Wahlprogramm dieser Partei sieht, liest zwischen den Zeilen unkonkreter Sozialromantik eine neoliberale Agenda: Privatisierung von Krankenhäusern und Arbeitslosenversicherung, Senkung der Steuern für Vielverdiener, Beseitigung von „Wettbewerbshemmnissen“ wie dem Mindestlohn.
Zwar steht der Bundesparteitag noch aus, insofern ist dieses Programm nur bedingt valide, wenn man allerdings den Kader der AfD sowie deren Parteispender betrachtet, kommen starke Zweifel auf, dass diese Partei „Politik fürs Volk“ machen will.



Das weitaus krassere Ereignis ist allerdings die Leitzinssenkung der EZB auf 0%. Das passierte am Donnerstag und war bereits am Freitag nicht mehr in den Nachrichten zu hören. Ein Leitzins von 0% bedeutet allerdings, dass sich Banken nun Geld leihen können, ohne Zinsen dafür bezahlen zu müssen. Richtig, dann spricht man eigentlich nicht mehr von Leihen, sondern von Verschenken!
Im Zuge der Bankenkrise, die inzwischen zur Schuldenkrise umbenannt wurde, haben sich also Banken mit ihrer Zockerei selbst in den Ruin getrieben (nachdem sie jahrelang unvorstellbare Gewinne erwirtschaftet haben). Diese Unsicherheiten haben zu einer Rezession geführt, deren Auswirkungen noch heute sichtbar sind. Als Konsequenz daraus hat man die Banken mit Steuergeldern gerettet, da ein Konkurs bestimmter Banken angeblich zu noch größeren Verwerfungen auf den Märkten geführt hätte. Statt also das reinigende Gewitter durchzustehen, hat man die Lösung des Problems in die Zukunft geschoben. Allerdings kam es bis heute zu keiner konsequenten Regulierung der Banken, inzwischen wird sogar wieder mehr gezockt als noch vor 2008. Also statt die Banken zu bestrafen, hat man sie sogar belohnt. Man hat sie kaum eingeschränkt, schüttet sie allerdings mit Geld voll, in der Hoffnung, dass dieses Geld irgendwann in der Wirtschaft, wohlgemerkt verzinst, ankommt.
Diese Hoffnung hat sich leider nicht bewahrheitet, denn egal wie niedrig die Leitzinsen waren, es kam nicht mehr Geld in Umlauf. Hier kann man gern auf Einsteins Definition von Wahnsinn verweisen. Jedenfalls wird nun einfach noch mehr Geld für Spekulation verwendet. Das ist auch schön an der Entwicklung der Börsenwerte zu sehen, welche sich seit Jahren gänzlich von den realwirtschaftlichen Entwicklungen entkoppelt haben.



Dass diese außerpolitische Entwicklung, welche Auswirkungen für uns alle hat, nicht ausführlich von den Medien begleitet wird, macht skeptisch. Dass das Thema zu sperrig ist, kann ich mir nicht vorstellen.
Was allerdings noch skandalöser ist: Die EZB möchte wohl ihr Mandat nun gänzlich überschreiten und auch Unternehmensanleihen im Falle einer Krise aufkaufen. Wenn nun also ein Konzern in finanzielle Schwierigkeiten kommen würde, spränge die Europäische Zentralbank höchst selbst ein. Jeder Mittelständler, der bei Misserfolg seine Existenz verliert, müsste heulen vor Wut, wenn er so was hört. Aber er wird wohl nicht davon hören.



Natürlich ist Schwarz-Weiß-Denke recht billig und wie man an den derzeitigen Diskussionen um die Flüchtlingsproblematik merkt, sehr gefährlich. Allerdings sollte langsam den Menschen wieder bewusst werden, dass der ursprüngliche Klassenkampf-Gedanke von Arm gegen Reich heute hundert mal extremer ist als noch zu Zeiten von Marx.
Selbst Warren Buffett hat eingestanden, dass der große Kampf unserer Tage kein Religions- oder Kulturkampf ist, sondern der Krieg zwischen Arm und Reich. Jean Ziegler sagt, wenn TTIP durchkommt, werden die Reichen eine unglaublich wichtige Schlacht gewinnen.
Diese Woche wurde auch wieder eine solche Schlacht geschlagen. Nur hat das niemand mitbekommen...