Mittwoch, 22. Mai 2019

Kameras

Eine politisches Großereignis hält die Republik seit Tagen in ihrem Bann und heute Abend könnte es einen weiteren Wendepunkt in dieser Geschichte geben!

Der Youtuber Rezo hat ein Video über CDU, SPD und Co. sowie deren Verfehlungen veröffentlicht. 55 Minuten gut aufbereitete, aber trotzdem schwer verdauliche Kost öffentlicher Unfähigkeit, die ich jedem ans Herzen leg, der auf diesen Planeten noch ein paar Jährchen verbringen mag. Und die Mediaexperten der CDU haben für heut Abend ein Video mit dem Vorzeigekandidaten Amthor angekündigt.

Ich male mir einen martialischen Kampf um jedes Argument aus, den die Wortgefechte zwischen Kleinfinger und Tyrion wie Kaffeekränzchen wirken lassen! ... Nagut, zumindest zu versuchen, ein paar von Rezos Argumenten zu entkräften, wäre vielleicht auch schon was...

Nein, das eingangs erwähnte politische Großereignis war natürlich die Ibiza-Affäre um Ex-Vizekanzler H.C. Strache. Immerhin hat es zur Auflösung der österreichischen Regierung geführt. Zu recht, wie ich meine.

Wenn sich das Gesicht einer Partei von so einer korrupten und narzisstischen Seite zeigt, ist das ein Vertrauensbruch sondersgleichen. Dabei ist wahrscheinlich die Hälfte von euch nicht mal überrascht, unabhängig von Straches FPÖ-Hintergrund, dass es käufliche Politiker gibt. Korruption ist in Europa genauso verbreitet wie im Rest der Welt. Sie ist höchstens professioneller maskiert.

Vielleicht begründet das auch diese Sturköpfigkeit mit der sich verschiedene Rechte immer noch hinter Strache stellen. Unabhängig davon, wie dieses Video entstanden ist und wie viel man sich reingepfiffen hat, darf sich kein Politiker so ein Verhalten leisten. Man kann doch nicht korruptes Verhalten verteidigen, indem man auf die Anderen zeigt. Die einzig vernünftige Reaktion wäre die Frage, wie sich solche Blüten in Zukunft verhindern ließen. Und damit meine ich nicht, dass kompromittierendes Material an die Öffentlichkeit kommt, sondern das Parteien vermeiden, regelmäßig die menschlich schlimmsten Großmäuler an die Spitze spülen.

Aber ja, das ist wohl dieser tägliche, manchmal ermüdende demokratische Kampf um die besten Lösungen.

Achja, Wendepunkt in der Ibiza-Geschichte, auch wenn ich denke, dass es sich hier eher um ein Erpressungsfall denn um ein wie auch immer geartetes journalistisches Erzeugnis handelt, könnte das hier sein:

http://dotheyknowitseurope.eu/

Ist aber vielleicht nur ein böhmermann´scher Wahlaufruf. Kann ich jetzt noch nicht wissen.

Freitag, 17. Mai 2019

Game over Thrones

#####Spoiler#####
In wenigen Tagen endet Game of Thrones. Es endet quasi eine Ära.

Ich werde nicht der Einzige sein, den diese Serie über Jahre begleitet und beschäftigt hat. Jeder neuen Staffel, jeder neuen Folge wurde schier entgegenfiebert. Ganze Ökosysteme der Onlineaufmerksamkeit drehten sich darum. Es wurden Theorien aufgestellt, jedes Wort und jede Handlung auf die Goldwaage gelegt. 
Die Lieder von Eis und Feuer stellten dafür die perfekte Grundlage. Eine so vielschichtige, charakterreiche und schlüssige Welt hatte vielleicht seit Herr der Ringe nicht mehr solche Aufmerksamkeit erfahren. 

Wie geschockt waren wir naiven Frischlinge über Ned Starks Schicksal, der roten Hochzeit oder auch Oberyns verwehrte Rache am Berg. Wie elektrisiert bei Robbs Krönung oder Daenerys´ Feuergeburt. Die empfundene Genugtuung über Viserys Goldene Krone, Geoffreys lilane Hochzeit oder Cerseis Gang der Schande, Schande, Schande.Wir lachten mit Arya über tote Tanten und mit Bronn über Pods Zauberrute. 

Jeder Charakter hatte sein eigenes Profil und daraus resultierende Ambitionen. Daraus entstanden diese Geschichten, die einen zum Grübeln, Mitfiebern und Träumen einluden. Bisher konnte keine Serie vergleichbar intensive Gefühle bei mir auslösen.
Vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum sich soviel Wut über die letzten Staffeln entladen hat: Menschen haben emotional in Game of Thrones investiert. Entsprechend hoch sind die Erwartungen. Man war eine organische Geschichte gewohnt, deren Akteure die Geschichte in eine ungewisse Richtung trieben. In den letzten Staffeln ging es dagegen auf ein plotbestimmtes Finale zu. Das führte zu diesen unbegründeten und unschlüssigen Entscheidungen, zu Widersprüchlichkeiten. Auch ich hab mich geärgert, ja die Schreiber verflucht, die sich so viele ärgerliche Schnitzer erlaubten.
Trotzdem fieberte ich bei den Schlachten um Winterfell mit. Dieser Übergang von Erleichterung zu Verwirrung, als der Nachtkönig zerfiel, aber noch die halbe Staffel vor einem war. Wie freute ich mich über den kurzen Waffenstillstand, als die Glocken von Königsmund läuteten und oh Gott, wie habe ich die darauffolgenden 20 Minuten gelitten.

Dabei finde ich den Subtext der achten Staffel ganz interessant: Während die Weißen Wanderer, stellvertretend für den Klimawandel, mit gemeinsamer Anstrengung besiegt werden kann, wird die Menschheit nie vor Tyrannen mit Massenvernichtungsmitteln sicher sein. 

Ja, in den letzten Folgen wurde offensichtlich mehr Wert auf starke Effekte denn auf eine starke Geschichte gelegt und man kann sich um das Erbe dieser großartigen Serie betrogen fühlen.
Allerdings ist es wohl auch schier unmöglich, einer so komplexen Story einen befriedigenden Abschluss zu verleihen. Insofern müssen wir uns wohl damit abfinden, dass uns das Finale enttäuschen wird. Dennoch wird uns diese Geschichte als eine der besten der TV-Geschichte in Erinnerung bleiben. 


Ich freue mich jedenfalls schon darauf, die Serie immer wieder anzuschauen und weiterhin diese vielen kleinen Zusammenhänge und Ankündigungen zu entdecken.

Eigentlich tun mir nur die Kinder Leid, die jetzt Daenerys heißen...

Donnerstag, 11. April 2019

Liberté in Haft

Gestern wurde das Polizeiaufgabengesetz in Sachsen erlassen, heute wurde Julian Assange aus der equadorianischen Botschaft in London verhaftet.
Hat auf den ersten Blick natürlich nichts miteinander zu tun, aber es ist ein Zeichen einer zunehmenden Deliberalisierung der westlichen Gesellschaften.

Das PAG weicht die hart erkämpfte, rechtsstaatliche Trennung von Exekutive, Judikative und Legislative auf. Zurecht führt die Linke bei ihrem Protest dagegen das Wort "Polizeistaat" im Mund. Und während wohl kaum jemand leugnen würde, dass eine Aufstockung der Polizeikräfte nach Jahren kontinuierlicher Reduzierung sinnvoll sein kann, hat es mehr als nur einen faden Beigeschmack, wenn z.B. Bürger in den Grenzregionen per se wie Verdächtige behandelt werden. 

Assange hat dagegen Whistleblowern wie Chelsea Manning eine Plattform geboten, damit geheime, aber für die Gesellschaft relevante Informationen an die Öffentlichkeit kommen. Er suchte nun dafür 7 Jahre in dieser Botschaft Asyl, nur um jetzt doch potenziell der US-amerikanischen Justiz ausgeliefert zu werden. Die Botschaft ist klar: Wir kriegen euch überall.

Das ist fatal. Einerseits wollen wir unser liberales Modell, vielleicht zurecht, als das beste verkaufen, nur um es dann unter fadenscheinigen Vorwänden wieder sukzessive abzubauen. Mir macht diese Entwicklung, die übrigens seit über 15 Jahren zu beobachten ist, ungefähr im gleichen Maße Angst wie die Entwicklung unserer Umwelt.

Es gibt schon zu viel Ignoranz, diese Entwicklung dürfen wir nicht auch noch ignorieren...

Montag, 1. April 2019

Pascalsche Wetten für FridaysForFuture

Muss mal wieder was loswerden.
Es gehen ja nun seit Wochen Kinder und Jugendliche für #FridaysForFuture auf die Straße.
Erst mal ein sinnvolles Anliegen, wenn man bedenkt, dass die noch eine überdurchschnittliche Zeit auf diesem Raumschiff namens Erde unterwegs sind.

Es hat nicht lange gebraucht, bis sich eine (mediale) Gegenbewegung formiert hat, von richtig investigativen Journalismus über die Hintergründe von Gretas Familie bis zu passiv-aggressiven in Memes verpackten Vorwürfen ála "Sollen sie doch freitags Müll sammeln gehen!". 

Damit wir uns verstehen, so manche Umwelt- oder Gesundheitsschutzmaßnahme kann man zumindest diskutieren, wenn nicht als regelrecht kontraproduktiv bewerten. So können Windräder den Artenschutz gefährden, ohne Probleme der nötigen Grundlast im Netz bei nachhaltiger Erzeugung zu lösen. Oder dass das Sperren einer vielbefahrenen Straße zu mehr Verkehr und damit wieder mehr Umweltverschmutzung führt.

Allerdings klingen entsprechende Einwände vielmals eher nach "Ich sags doch, alle bekloppt" denn nach "lass uns an dem Punkt noch mal diskutieren".
Und so stehen am Ende wieder die Lager "Umweltschutz um jeden Preis und Sinn" vs. "Lass mich mein T-Bone-Steak in SUV-Größe essen!" unversöhnlich gegenüber. Man könnte glatt ein Muster erkennen.

Witzigerweise werfen sich beide Lager Realitätsverlust vor: Einer ignoriert Notwendigkeit und Möglichkeit einer nachhaltigen Klimawende, der andere will die riesigen, vor allem internationalen Herausforderungen der Klimawende nicht sehen oder zumindest betonen.
Denn da verstehe ich viele Klimakritiker: Was soll man denn auf nationaler Ebene retten, während allein Frachtschiff-Flotten den CO2-Ausstoß kleinener Staaten haben.

Und genau das ist der springende Punkt - Wenn sich international eine ganze Generation mit den Problemen und deren potenziellen Lösung beschäftigt, wie schlimm kann es denn sein?
Im Gegenteil würde ich mir Sorgen machen, wenn wir noch eine Generation innerlich toter Konsumzombies heranziehen.
So sind es im schlimmsten Fall nachhaltig denkende, innerlich tote Konsumzombies, im besten Fall wird unser ganzes Wirtschafts- und Gesellschaftswesen mal wieder hinterfragt.

Und da für viele die Klimadiskussion offensichtlich eine Glaubensfrage geworden ist (obwohl es genug wissenschaftliche Schlagseite gibt), gebe ich noch die pascalsche Wette mit:
Existiert der Klimawandel, aber wir unternehmen nichts dagegen, landen wir in einer sehr realen Hölle.
Existiert der Klimawandel und wir unternehmen etwas, könnte die Menschheit noch ein paar hundert Jahre bekommen.
Sollte der Klimawandel aber tatsächlich nur eine seeeehr unglückliche statistische Ausnahmesituation sein, und wir unternehmen trotzdem etwas, dann haben wir die Welt einfach so zu einem lebenswerteren Ort gemacht.

Also vielleicht sind die Demonstrationen doch gar nicht so schlimm

Donnerstag, 7. März 2019

Aktion und Reaktion

Wieder faszinierend, wie sich Geschichten entwickeln: Eine Hamburger Kita folgt der Empfehlung einer Pädagogen-Zeitschrift und gibt diese Empfehlung den Eltern weiter.
Soweit nichts Ungewöhnliches.
Die Bild macht daraus allerdings ein Verbot und platziert es auf der ersten Seite. Statt Klaus Kinkel oder Macron EU-Ideen (etwas vergangenheits- oder zukunftsrelevantes) wird etwas auf die erste Seite gehoben, dass selbst lokal kaum Relevanz hätte.
Nun diskutiert scheinbar wieder die halbe Republik und ich verstehe auch das Unverständnis, da es hier kaum Indianer gibt, sondern eher als positives Bild des Exotischen dient (was auch die Argumentation der beiden extremen Lager ein Stück weit ins Absurde zieht).
Was mir aber wieder durch die Geschichte aufgefallen ist: Wie leicht sich die Menschen manipulieren lassen, wie einfach man Gefühle lenken und Reaktionen hervorrufen kann. Verschiedenste Zeitungen provozieren inzwischen lieber mit reißerischen Titeln statt mit wissenswerten Informationen. Das polarisiert und spaltet. Statt Diskussionen bilden sich Lager, deren Gegenseite immer die Idioten sind.
Nein, wir alle sind Idioten, die wir dieses Spiel mitspielen, während Konzerne Tag für Tag das Spiel gegen Staat und Gesellschaft gewinnen. Aber statt sich auf internationaler Ebene mal zusammenzuraufen und die größten Übel gemeinsam anzugehen, lassen wir uns wieder in unsere Nationalismen zurückfallen, wichsen uns auf chauvinistische Überlegenheitsgefühle einen ab und wollen nicht sehen, wie uns eine lebenswerte Zukunft genommen wird...