Mittwoch, 26. Oktober 2011

Arbeit als Zuflucht

Arbeit. Brötchengeber und Motivationsmotor. Sinn und Unsinn des Lebens.

Man könnte sie als uneigennützige Tätigkeit gegen Entlohnung definieren. Als Mühsal zum Erhalt der eigenen Existenz. Brockhaus definiert es als "wesentliches Moment zur Daseinserfüllung". Engels würde sogar soweit gehen, dass "sie den Menschen selbst geschaffen" hat, als erste Grundbedingung des menschlichen Lebens.

Es ist eine weithin gültige Moral, dass jeder nach seinen Möglichkeiten arbeitet, sprich, der Gesellschaft seinen Beitrag leistet. Müßiggang oder gar Arbeitslosigkeit stehen unter Generalverdacht, schließlich wird uns täglich gepredigt, dass im Ellbogenkapitalismus jeder einen Job bekommen kann. Das unsere konsumgeile Gesellschaft "entschleunigt" gehört, und man langsam über Modelle denken sollte, die auf Basis von weniger Arbeit und Ressourcenverbrauch mehr Menschen größeres Glück bereiten, sei vorerst dahin gestellt.
Fakt ist, dass man sich als kleines Zahnrädchen im System zwar bewegt, aber nur auf der Stelle dreht. Vielen Menschen tut dies auch gut, im Korsett aus Pflichten und Gefälligkeiten das Gros seines Alltags zu verbringen. Allerdings passiert es manchem, dass er, ist das Korsett erst angelegt, vergisst, was seine Träume waren.

Nun sitzen Engelchen und Teufelchen mit solch Kleidungsstück vor meiner Schwelle. Und sie drängen, verführen, haben Großes vor. Sie machen verlockende Angebote, doch verlangen Loyalität.
Faust verwettete seine Seele, auf dass sie trotz aller gewährten Wünsche nicht glücklich werde. Ich meine jugendliche Freiheit auf Geheiß einer aussichtsreichen Karriere im Wirtschaftsinformatiker-freundlichen ERP-Gewerbe.
Doch obwohl ich seit über einem Jahr mit diesem Arbeitgeber rechnen konnte, befängt mich eine gewisse Skepsis. Ist es dieser bereits einsetzende Druck, der mich in meinen brotlosen bohèmischen Freiheiten beschneidet, oder hab ich gar einfach Angst vor Fremdbestimmung?

Vielleicht ist es die Frage, wie sehr man sich in seine Arbeit reinhängen möchte, welchen Stellenwert das schnöde Geldverdienen gegenüber dem eigentlichen Leben einnimmt. Eine Antwort darauf habe ich nicht, wohl weil ich nicht einmal genau weis, wie dieses "eigentliche Leben" denn aussehen soll.

Donnerstag, 20. Oktober 2011

Schreiben wider Lethargie - Schreiben als Therapie

Ob ständige Suche nach dem passenden Schreibmedium, fehlende Muse zum Anfangen oder unpässliche Zeiten zur Kreativität: Wenn man will, findet man immer eine Ausrede. So auch, endlich städtische Erlebnisse, Wandlungen des Lebens und Kummer des Alltags in Worte zu fassen.
Um zu historisieren. Um zu reflektieren. Essenzen aus Erlebnissen zu ziehen und Momente greifbarer zu machen. Schreiben befreit nicht nur von gedanklichen Altlasten, es ermöglicht einen klareren, konkreteren Blick auf die Dinge. Sobald man Erlebtes dem Unbewussten entreißt, schnitzt man ein Stück Realität aus dem diffusen Nebel vergangener Impressionen.
Während man die Worte sucht, einen Ort, ein Gefühl oder einen Moment zu beschreiben, ruft man diesen hervor und versucht ihn so präzise wie möglich zu erfassen. Somit wird er vermittelbar, anderen als auch sich selbst.

Schreibt man über ein Erlebnis, so setzt man kleine Inseln in den riesigen Strom des Lebens. Man kann darauf verweilen und die weitere Route planen oder sich von Zeit zu Zeit geistig auf diese Inseln zurückversetzen und Vergangenes reflektieren. Ohne diese Inseln treibt man mehr oder minder planlos durchs Leben und muss sich, dank fehlender Fixpunkte, an den anderen Fischen im Wasser orientieren.
Bis man schlussendlich gänzlich im Schwarm auf- bzw. untergegangen ist...

Also schreibt, selbst wenn es niemand lesen sollte. Man muss für sich selbst schreiben, alles andere wäre in dieser Hinsicht Selbstbetrug.