Viel zu oft habe ich im Internet gelesen, dass man den Kontakt zu Bekannten oder Familienmitgliedern abbrechen soll, wenn diese einem abwegigen Weltbild verfallen sind.
Während ich das bei chronisch toxischen Verhalten aus Selbstschutzsicht gut verstehen kann, bin ich jedes Mal irritiert, wenn es um eine andere politische Meinung geht. Wie soll die vermeintlich fehlgeleitete Person denn wieder zur Besinnung kommen, wenn sich alle klardenkenden Menschen von ihr abwenden sollen? Dann ist sie doch am Ende erst Recht von Leuten mit abwegigen Vorstellungen umgeben.
Beispiel Verschwörungstheorien: So anstrengend es sein kann, mit jemanden zu diskutieren, dessen Weltbild davon geprägt ist, dass eine klandestine Elite über jedes Ereignis auf der Welt Einfluss hat, so sollte es doch nicht schwer fallen, regelmäßig entsprechende Gegenbeispiele zu finden, um das Weltbild ins Wanken und die betroffene Person wieder zurück zu einer reflektierteren Sicht auf die Welt zu bringen.
Das kostet Energie und ich verstehe jeden, der derartigen Herausforderungen aus dem Weg geht. Aber gerade bei nahestehenden Personen sollte man doch nicht leichtfertig aufgeben. Ich habe noch nie von einer Sektenberatung gehört, dass man es einfach lassen und den geliebten Menschen von dannen ziehen lassen soll. So muss man sich aber den Umgang mit Verschwörungsgläubigen vorstellen: Deren Wahrheiten sind darauf aufgebaut, glaubhafte, allgemeingültige Instanzen zu diskreditieren, damit das verschwurbelte Weltbild auf fruchtbaren Boden trifft.
Ich behaupte, ein 100% gefestigtes und unumstößliches Weltbild ist die absolute Ausnahme. Mit den richtigen Fragen können immer Zweifel gestreut werden, um den Horizont wieder potenziell zu erweitern. Man muss nicht am Ende der gleichen Meinung sein, aber man sollte wenigstens wieder auf einer gemeinsamen Realität argumentieren können.