Samstag, 14. Januar 2017

Wer hat Angst vor Fake News?

Die Elbphilharmonie wurde diese Woche eröffnet und besonders die öffentlich-rechtlichen Sender fielen durch überschwängliche Berichterstattung auf. Das Bauwerk hat definitiv eine gewisse Aufmerksamkeit verdient, nicht nur als kulturelles Aushängeschild, sondern als Sinnbild für überteuerte staatliche Großprojekte. Das Kritik an Letzterem nun überraschend kurz kommt, lässt sich wohl auch auf die jüngst initiierte Imagekampagne zurückführen. 

Es hat dann ein Gschmäckle, wenn man sich vor Augen führt, dass sich unsere Meinungsmacher kaufen lassen. In einer Welt, in der Geld ein universeller Maßstab ist, sollte das nicht überraschen. Aber genau das senkt das Vertrauen in die Institution der Medien. Sie konnten nie ein Wahrheitsgarant sein, das liegt in der Sache, aber sie sollten immer versuchen, einen objektiven Standpunkt wiederzugeben. 
Diese Objektivität, die es so wohl auch nie gab, wird heute, in Zeiten der unbegrenzten Quellen des Internets, jählich vermisst. Blogs jeglicher Couleur bekommen Zulauf. Während die Einen die Medien überwachen und ein Korrektiv darstellen, führen Andere dies Ad Absurdum, indem sie Gerüchte und Fehlschlüsse in die Welt posaunen. 

Letzeres wird häufiger gehört und bleibt hängen, so unsinnig es auch ist. Das war wohl auch ein kleiner Baustein für Trumps Sieg und ist entsprechend nicht zu unterschätzen. Aber seit Wochen wird nun über dieses Thema gestolpert und geschwätzt, als wäre es eine Gefahr für unsere Demokratie.
Ja, das Resultat ist tatsächlich eine Gefahr für unsere Demokratie: 
Die Unsicherheit der Leute, die sprichwörtlich an gar nichts mehr glauben. 
Die Wut der Leute, die überall Fehler und Ungerechtigkeiten sehen, aber sich machtlos fühlen. 
Und die Ahnungslosigkeit der Leute, denen niemand erklärt, warum unsere Welt so tickt. 

Und die Leute holen sich Sicherheit bei Ideologien und fertigen Glaubensmustern.
Und die Leute lassen ihre Wut an denen aus, die nach ihrem Glaubensmuster Schuld an den Ungerechtigkeiten sind. 
Und die Leute versuchen ihre Ahnungslosigkeit mit einem überschaubaren Weltbild zu kaschieren. 

Die Weltbildmaler wiederum profitieren von der Angst, die sie mitgeben können, denn eine ängstliche Herde drängt sich näher zusammen und ist leichter zu steuern. Diese Angst wurde schon immer ausgenutzt, 
bete den Gottkönig an, sonst fällt deine Ernte aus, 
geh in die Kirche, sonst kommst du in die Hölle, 
lass dich überwachen, sonst stirbst du an Terror.

Aber den Menschen wurde nie beigebracht, zu hinterfragen und Informationen abzuwägen. Ideale der Aufklärung liegen verstaubt auf den Regalen der humboldtschen Erziehung. Doch statt zu versuchen, eine neue Epoche der Aufklärung auszurufen und dem Menschen Verstand zuzusprechen, debattieren wir über Fake News, ohne zwischen Propaganda, Zeitungsenten und Boulevardpresse zu unterscheiden. 
Während die Einen Lügenpresse schreien, rufen die Anderen nach einem Wahrheitsministerium. Während sich die Menschen in ihren Filterblasen verlieren und trennscharfe Kontraste setzen, leben manche in dem Glauben, Wahrheit ließe sich festlegen. 
Während du über Fake News ließt, rollen amerikanische Panzer nach Polen, sterben Menschen in Jemen und verhungert einer der letzten Eisbären am Nordpol. 

Es gibt auf der Welt viel mehr Probleme, gegen die wir derzeit absolut nichts unternehmen und streiten uns stattdessen über Banalitäten. Wir denken keine fünf Jahre voraus und wundern uns jedes Mal aufs Neue, in welch erbärmlichen Zustand die Welt doch ist. Und weil wir nicht mal ahnen, wie schlecht unsere Lebensweise ist, können wir uns nicht vorstellen, daran etwas zu ändern. So kommt uns jede revolutionäre Idee einfach weltfremd vor. 

Ideen können keine Fake News sein, aber über Ideen debattieren wir ja nicht mehr. 

Vielleicht sollte man darüber häufiger berichten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen